Zahl der CBRN-Beratereinsätze steigt erneut

Bei seinen Einsätzen und Beratungen ist CBRN-Fachberater Alexander Trenn inzwischen bei Einsatz Nr. 77 angekommen. Diese Zahl wurde im vergangenen Jahr erst im September erreicht

Alexander Trenn ist auch regelmäßig außerhalb Brandenburgs als Fachberater tätig. So wurde er während eines Besuchs des Landkreises Harz (Sachsen-Anhalt) gleich mehrfach von der Leitstelle in die Umgebung alarmiert. Letztlich gab es dann innerhalb von 60 Stunden 7 Einsätze. Hier berichtet er vom Chemie-Einsatz in Halberstadt

Bombenexplosion und Chemikalienfund im Drogen- und Sprengstofflabor - Großeinsatz für Feuerwehr und Polizei in Halberstadt

Einen sehr umfangreichen Analytik-Einsatz von unbekannten Stoffen begleitete ich in Halberstadt. Ende Mai kam es zu einer Explosion in einem Einfamilienhaus, bei der eine Person schwer verletzt wurde. Im Nachgang wurden Chemikalien gefunden. Gemeinsam mit dem Fachdienst CBRN des Landkreises Harz und der Tatortgruppe des LKA, die über 24 Stunden vor Ort waren, wurde ein großes Einfamilienhaus voller Chemikalien ausgeräumt. Dabei war sehr viel Analytik erforderlich. Es unterstützten die Analytik auch zwei Kollegen des Institutes für Brand- und Katastrophenschutz aus Heyrotsberge. Gemeinsam waren wir ein tolles Team. Nach erster Sichtung lagerten hier sehr viele verschiedene Chemikalien, außerhalb des Hauses und innerhalb. In Behältern vom Eimer bis zur Plastikflasche. Alle Farben der Chemie waren vertreten. Im Inneren überall Flaschen und Gefäße mit verschiedensten Stoffen. Die fachgerechte Bestimmung war Aufgabe der Analytikstrecke.

Das Betreten des Hauses erfolgte mit Schutzanzug durch das LKA. Sie dokumentieren alles präzise und sichern die Stoffe. Zuvor wird für uns eine Probe entnommen und dann ging's los. Zunächst aber musste 300 m um den Fundort evakuiert werden. Knapp 700 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Das dauerte einige Zeit. Selbst NINA wurde ausgelöst. Schließlich kamen zur Nachkontrolle noch eine Drohne und ein Hubschrauber der Polizei zum Einsatz. Dann bauten wir unsere Analytikstrecke auf und das LKA ihre Dokumentations- und Beprobungsstrecke. Mehrere Tische und Stühle auf beiden Seiten des extra für die Analyse errichteten Zeltes waren nötig. Wir berieten uns und suchten einen Weg, die Chemikalien zu sortieren. Wir entschieden uns für einen Weg, die Ausgangsstoffe für Reaktionen zu unterscheiden. So war bei den gefundenen und zu erwartenden Mengen eine erste Sortierung überhaupt möglich. Der Trupp des LKA kleidete sich in Gebläseanzüge und wartete auf das Startsignal. 

Dann die Befliegung und Freigabe, wir konnten beginnen. Die ersten Gefäße wurden gesichert und fotografiert, eine Probe entkommen und uns zur Analyse zur Verfügung gestellt. Mein Laborkoffer glühte. Alle paar Minuten gab es neue Proben. Zum Teil lagen 10-20 Tüten mit verschiedenen Proben bereit. Zur Analyse erfolgten dann ph-Tests, Fällungsreaktionen, es wurden verschiedene Reagenzien zugesetzt usw. Daneben wurden Proben, die es als notwendig erschienen ließen, mit dem HazmatID analysiert. Es gab viele interessante Stoffe zu sehen. Ich hätte das nicht geglaubt. Eine Probe nach der anderen. Organik und Anorganik. Dann mal eine Pause nach ein paar Stunden und Brainstorming. Wie lange wird es gehen. Ja, es lag noch viel vor uns. Daraufhin wurde das Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrotsberge angefragt und konnte auch unterstützen. Zwei Kollegen mit Messtechnik kamen. So konnten wir mit zwei Teams Analysen vornehmen - zu fünft haben wir dann richtig zügig analysiert.

Nach rund 8 Stunden Analytik ein Zwischenstopp - weit über 100 Analysen hatten wir bereits geschafft. Doch dann wurden weitere Stoffe gefunden - sogar Fässer. Nach Mitternacht konnten sehr viele Gefäße mit Beschriftung geborgen werden und es ging weiter. Die Gefäße mit Aufschriften wurden von mir anhand von Wissen, Erfahrung und dem was ich immer "mein chemisches Bauchgefühl" nenne, geprüft, ob der Stoff, der draufsteht auch mutmaßlich drinnen steckt. So konnten diese Stoffe schnell kategorisiert werden und es stand noch die Dokumentation an.

Gegen halb drei nachts waren wir fast fertig, es erfolgte die Übergabe an das LKA. Die Evakuierung konnte dann auch zumindest in den früheren Morgenstunden aufgehoben werden.

Weitere Einsätze gab es an den zwei Folgetagen. Das Thema wird mich sicher noch lange beschäftigen. Ein für mich sehr einmaliger Einsatz, auch wenn ich an Woldegk zurückdenke, wo Nitroglycerin im Kühlschrank stand. Es ist kein Vergleich. Es zeigt sich immer wieder, dass Chemie im Einsatz eine große Bedeutung bekommen kann.

Danke für Euer Vertrauen und die gute Organisation an Alex Beck, den Fachdienstleiter und natürlich den Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse!

Alexander Trenn